interview

„Im besten Fall strahlt der Kinderschutz auch in andere Bereiche ab und macht das Vereinsleben insgesamt attraktiver.“

Niklas-Alexander Alof ist Leiter der Abteilung Kinderrechte und Sport beim Kindernothilfe e.V. Die Kindernothilfe mit Sitz in Duisburg ist vor allem durch ihre weltweite Entwicklungszusammenarbeit bekannt. Ihr Hauptaugenmerk liegt darauf, Kinderrechte in die Tat umzusetzen. Seit 2018 arbeitet die Kindernothilfe auch zum Kinderschutz im Sport.

Rassistische Diskriminierung

Niklas Alof über weitere wichtige Aspekte im Kinderschutz

Fotos: Kindernothilfe & City-Press

Niklas, wie bist du zum Sport gekommen?

Zum Sport bin ich relativ früh in meiner Kindheit gekommen. Vor allem durch meinen Vater, der war Sportlehrer und ein sportlicher Mensch. Er hat mir das vorgelebt – als Volleyballer und Radfahrer. Ich selbst bin auf dem Bolzplatz aufgewachsen und habe mit Freunden den ganzen Tag gekickt. Außerdem habe ich den typischen Weg für meine Region genommen und bin BVB-Fan geworden.

Was hast du heute noch mit Sport zu tun?

Mein Leben lang spiele ich schon Fußball, habe Sport studiert, und überall, wo ich gelebt habe, war ich auch im Verein aktiv. Begonnen habe ich in meinem Jugendverein Rot-Weiß Lüdenscheid. Ich hatte lange den Anspruch, besonders gut Fußball zu spielen, aber als dann klar wurde, dass es keine große Karriere wird, habe ich schnell erkannt, dass diese Gemeinschaftskomponente im Sport viel Spaß bringen kann und genauso wichtig ist. Heute kicke ich noch einmal in der Woche mit Freunden.

Du arbeitest für die Kindernothilfe, was macht ihr so?

Die Kindernothilfe kennt man vor allem aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Das machen wir seit über 65 Jahren in Afrika, Asien und Lateinamerika. Unser Fokus liegt darauf, wie Kinder geschützt, gefördert und beteiligt werden können. Mit Kinderschutz in Deutschland sind wir im Jahr 2015 gestartet. Da ging es darum, wie wir das Ankommen von Geflüchteten in Initiativen, aber auch anderswo kinderfreundlich gestalten können. Es gab da schon tolle Organisationen auf diesem Gebiet und trotzdem noch großen Bedarf.

Wie seid ihr dann zum Sport gekommen?

2018/19 kamen der VfL Bochum und der In safe hands e.V. auf uns zu und haben gefragt, ob wir sie dabei begleiten können, ein Kinderschutzkonzept zu entwickeln. Das war dann ein einjähriger Prozess, der super lief. Mittlerweile hat die Abteilung sieben Mitarbeitende. Wir haben 2024 rund 45.000 Kinder erreicht. Im Profisport – hier vor allem im Fußball – sind wir bei 15 DFL-Vereinen aktiv. Aber wir schulen auch Verbände. Ein Hauptaugenmerk liegt auf dem Breitensport. Wir versuchen, möglichst viele der 7,6 Millionen Kinder, die in Deutschland Sport treiben, zu erreichen. Damit sie mit Freude, aber auch geschützt ihrem Hobby nachgehen können.

Wie geht ihr an Schutzkonzepte heran?

Wir betrachten es vor allem potenzialorientiert. Wir gucken immer, was wir an positiven Werten durch Kinderschutz und den Fokus auf Kinderrechte im Sportverein schaffen können. Der ausschließliche Fokus auf Angst oder Täter:innen führt unseres Erachtens dazu, dass Menschen sich nicht trauen, das Thema anzugehen und Verantwortung zu übernehmen. 

Dabei spielen die Kinder selbst auch eine größere Rolle bei euch.

Genau! Uns ist es sehr wichtig, im Prozess der Konzepterstellung Kinder und Jugendliche zu hören und zu beteiligen, damit wir erfahren, was sie umtreibt. Wo wollen sie geschützt werden? Wo sehen sie Gefahren? Sie sind die Expertinnen und Experten für ihr Leben, nicht wir. Es gibt viele gute Handreichungen und Leitfäden von Verbänden und Organisationen. Wir unterstützen ganz konkret im Vereinsalltag.

Habt ihr dazu Empfehlungen?

Die Landessportbünde haben alle Anlaufstellen und Ansprechpersonen, die unterstützen können. Das würde ich auf jeden Fall empfehlen. Gleichzeitig würde ich empfehlen, sich individuelle Begleitung zu suchen, die besser auf die Bedürfnisse des einzelnen Vereins eingehen kann.

Welche Vereine setzen Kinderschutz aus eurer Sicht gut um?

Der VfL Bochum macht das auf jeden Fall megagut. Dort ist Kinderschutz eine Haltung geworden. Nach fünf Jahren gucken wir aktuell zusammen mit ihnen, was funktioniert und was nicht, und beziehen dabei auch die heutigen Jugendlichen mit ein.

Alles, was Werder Bremen zu diesem Thema macht, ist auch extrem gut. Was dort beispielhaft läuft ist, dass die GmbH, also die Profis, den gesamten Verein mitnehmen. Ob es Turnen ist, Schach, Tischtennis oder Handball, alle werden mitgenommen. Die Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen haben da die gleichen Workshops gemacht. Da gibt’s keine Unterscheidungen.

Begegnen euch eigentlich auch Widerstände?

Ja, und die kann ich auch teilweise verstehen. Es ist einfach superaufwendig, ehrenamtlich einen Verein zu führen. Im besten Fall strahlt aber der Kinderschutz auch in andere Bereiche ab und macht das Vereinsleben insgesamt attraktiver.

Ihr entwickelt euch auch weiter. Welche Themen geht ihr als Nächstes an?

Wir haben gerade im Kontext der Kinderrechte eine Kooperation mit dem Roots e.V. begonnen. Wir beteiligen ja viele Kinder und Jugendliche und fragen sie, was sie erlebt haben: Rassistische Diskriminierung, Ausgrenzung, Beleidigung sind Hauptthemen, die wir dabei hören. Als Verbände und Vereine im Sport sind wir noch nicht gut genug darauf vorbereitet. Es ist unglaublich wichtig, das endlich so ernst zu nehmen wie andere Kinderrechtsverletzungen. Ähnlich sieht es auch in anderen Diskriminierungsdimensionen aus, wie zum Beispiel bei Menschen mit Behinderungen. Das gehört ebenfalls zum Kinder- und Jugendschutz!

Spezial-Webinar zu Kinderschutz im Sport mit Niklas Alof

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